Rheuma:


Rheumatische Erkrankungen sind durch Entzündungsprozesse in verschiedenen Geweben gekennzeichnet: Bei der häufigsten entzündlich-rheumatischen Erkrankung im Kindesalter, der juvenilen idiopathischen Arthritis (JIA), sind die Gelenke durch die autoimmunologische Entzündung, also durch einen Angriff des Immunsystems auf körpereigene Strukturen, geschwollen oder schmerzhaft bewegungseingeschränkt. Ungefähr 15.000 Kinder sind in Deutschland von dieser Erkrankung betroffen. Weitere rheumatische Erkrankungen, die nicht nur bei Erwachsenen, sondern auch bei Kindern vorkommen, sind zum Beispiel der systemische Lupus erythematodes, bei dem neben den Gelenken auch weitere Organsysteme wie die Niere entzündlich verändert sein können, sowie die Dermatomyositis, die typischerweise durch Muskelschwäche und charakteristische Hautveränderungen gekennzeichnet ist.

Alle diese Patienten benötigen meist neben einer schmerz- und entzündungslindernden Therapie weitere Medikamente, die sogenannten krankheitsmodifizierenden Antirheumatika, die die gestörten Immunmechanismen beeinflussen und damit die zugrundeliegende Entzündung verringern, im besten Falle beenden. Dies sind Substanzen, wie das Methotrexat, aber auch die Biologika, die sich gegen Botenstoffe (z.B. Interleukine) der krankhaften Immunantwort richten. Wird die Entzündungsreaktion nicht ausreichend vermindert und dauerhaft kontrolliert, kommt es in der Folge zu Gelenk- oder Organschäden. Um diese zu verhindern, benötigen Kinder und Jugendliche mit rheumatischen Erkrankungen meist eine intensive Betreuung zur Vermeidung oder Wiederherstellung einer durch die Entzündung eingeschränkten Gelenk- oder Organfunktion.

Daher sind regelmäßige ärztliche Verlaufskontrollen und oft auch physiotherapeutische Behandlungen für das Therapiemanagement unerlässlich. Einschränkungen in dieser Hinsicht durch die Corona-Pandemie und die resultierenden Vorgaben zur Kontaktbeschränkung können bei von Rheuma betroffenen Kindern also durchaus Spuren hinterlassen: Wenn notwendige Therapieanpassungen nicht vorgenommen werden, weil die Patienten die Verlaufskontrolle beim Kinderrheumatologen nicht wahrnehmen (können, z.B. wegen Quarantäne), wenn die die Immunreaktion hemmenden Medikamente aus Furcht vor einer COVID-19-Erkrankung abgesetzt werden, wenn die Physiotherapie zu lange pausiert wird. Eine höhere Krankheitsaktivität sowie funktionelle Einschränkungen mit daraus folgenden Schäden drohen. So sind Kinder und Jugendliche mit rheumatischen Erkrankungen noch stärker als gesunde junge Menschen von den Einschränkungen und Risiken der Corona-Pandemie betroffen.

Quellen:


Y. Meißner, F. Milatz, · J. Callhoff, · K. Minden, · A. Regierer, · A. Strangfeld
Register- und Kohortenstudien: Eine Übersicht über die wichtigsten Datenquellen am Deutschen Rheuma-Forschungszentrum
Z Rheumatol 2020 · 79:983–995
https://doi.org/10.1007/s00393-020-00906-z

Sengler C, Niewerth M, Minden K
Rheumatische Erkrankungen im Kindes- und Jugendalter: Wichtigkeit einer frühzeitigen multiprofessionellen Versorgung
Bundesgesundheitsblatt - Gesundheitsforschung - Gesundheitsschutz Band 63, Seiten 846–855 (2020)
https://doi.org/10.1007/s00103-020-03173-0

Miriam Listing , Kirsten Mönkemöller, Ina Liedmann , Martina Niewerth , Claudia Sengler, Joachim Listing, Dirk Foell, Arnd Heiligenhaus, Ariane Klein, Gerd Horneff, Gerd Ganser, Johannes-Peter Haas, Jens Klotsche, Kirsten Minden
The majority of patients with newly diagnosed juvenile idiopathic arthritis achieve a health-related quality of life that is similar to that of healthy peers: results of the German multicenter inception cohort (ICON)
Arthritis Research 2018 May 30;20(1):106.
https://doi.org/10.1186/s13075-018-1588-x